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Pianist Fred Hersch






Foto: Matthew Sussman


Ich habe von Fred Hersch – der nun in seinen Mitt-fünfzigern Gigs in fast jedem New Yorker Jazz – Veranstaltungsort gespielt hat, das erste Mal auf andere Weise gehört. In ‘The Insanity Hoax’ macht die Autorin Judith Schlesinger ihr überzeugendes Argument, dass das Übermaß an Kreativität, das dem Leben eines großen Musikers/Künstlers innewohnt, nicht notwendigerweise für ein verrücktes Genie sorgt und dass, wenn überhaupt, unsere großen Genies gefeiert und nicht diagnostiziert werden sollten.


Hersch, ein Überlebender eines kürzlichen Aids-bezogenen Bewusstseinsverlustes und einer wundersamen vollständigen Wiedergenesung, die ihn in die vorhergehende pianistische Großartigkeit zurückbrachte, hat bestätigt:”Jemanden mit Etiketten zu versehen ist gefährlich. Jeder wird heute mit irgendwas diagnostiziert …eine Störung hiervon und eine Störung davon…und mit Medikamenten behandelt. Und überhaupt, was ist normal? Innerhalb des kreativen Prozesses eines jeden gibt es so etwas wie eine Art Manie, eine Energie, mit der man versucht etwas einzufangen, bevor es entkommt. Zwangläufig folgt danach der Absturz. Man muss damit leben, was man erreicht hat und sich regenerieren. Vielleicht gibt es nur wenige Tage zwischen den jeweiligen kreativen Schüben, aber jeder wahre Künstler muss sich von einem solch kreativen Input erholen. Und am Ende sehe ich es als 10 Prozent Inspiration und 90 Prozent Transpiration, selbst wenn man es kreativen Wahnsinn nennen will.”

In den späten 70iger Jahren zog Herssh, der eine klassische Ausbildung am ‘New England Conservatory of Music’ durchlaufen hatte, nach New York und lernte aus erster Hand Jazz zu spielen, indem er mit Größen wie Stan Getz, Joe Henderson, Lee Konitz, Art Farmer und Charlie Haden spielte. “Die Musik von Hersch lässt sich sich am besten in den Zusammenhang der Jazz-Tradition von Thelonious Monk, Charles Mingus, Ornette Coleman stellen.


Photo: John Abbott

Es ist verschwenderischer, frei-fließender, unverschämt hinreißender Jazz – eigenwillig, unverkennbar eine ganz eigene Schöpfung, “ erläutert David Hajdu in seinem Porträt von Hersch in der New York Times (28. Januar 2010). Hersch hatte selbst Lehraufträge an verschiedenen Musikeinrichtungen wie der ‘Manhattan School of Music’, der ‘New School University’ und der ‘Western Michigan University’ inne, aber kehrte vor kurzem zu seiner Lehrtätigkeit am ‘New England Conservatory’ zurück, eines seiner Lieblingsorte aufgrund seiner speziellen Atmosphäre und Wertschätzung von Musikern. Er hat seinen Stempel einer jungen Generation talentierter Pianisten aufgedrückt, darunter Brad Mehldau und Ethan Iverson. ”Im zwanzigsten Jahrhundert wurde alles so aufgeteilt. Nun schmilzt es langsam wieder zusammen. Mir gefällt es Brahms, Beethoven and Scarlatti Sonaten zu spielen. Ich habe ein Programm mit Improvisationen, welches auch bei Gelegenheit das Mozart Konzert Nr. 27 neben unterschiedlichen Arrangements des Programms miteinschließt. Als Pianisten haben wir diese fantastische Literatur zur Hand …”meint Hersch. Einige seiner Kompositionen werden von ‘Peters Edition’herausgegeben.


“Ich liebe das Klavier und was es machen kann, über das hinausgehend, was für Jazz-Pianisten der Standard ist,” meint er.“Es handelt sich um einen guten Auftritt, wenn wirklich eine gute Geschichte erzählt wird. Die Voraussetzung für einen guten Jazz Musiker ist ein unglaubliches Set an Fähigkeiten. Man muss zur Umstellung in der Lage sein, zu improvisieren, man muss Akkord Symbole, verschiedene Stile verstehen und begleiten können. Am wichtigsten ist der Rythmus. Das Timing kann bis zu einem bestimmten Punkt entwickelt werden, aber man muss es im Gefühl haben – das kann nur bis zu einem bestimmten Grad vermittelt werden. Wenn ich auftrete, gehe ich vorher an den Veranstaltungsort — vielleicht für 45 Minuten oder so — mache es mir am Klavier bequem und plane dann die erste Melodie. Während des Auftrittes schließe ich die Augen und von dort aus geht die Reise los. Ich bin dann in meiner eigenen Welt. Aber ich kann fühlen, wenn das Publikum hinter mir steht. Wenn ich etwas Neues entdecke, spürt es das Publikum und freut sich ebenso. Ich gehe immer davon aus, dass es anspruchsvoll ist sofern ich nicht vom Gegenteil überzeugt werde.”


Seine Lehrerin Sophie Rosoff am ‘New England Conservatory’ war eine Assistentin von Abby Whiteside, die den finger-zentrierten Ansatz von Klaviertechnik in Frage gestellt und stattdessen eine holistische Einstellung befürwortet, wo der ganze (Ober-) Körper in natürlicher Verbindung mit und zur Unterstützung der (sogenannten schwachen) Fingern agiert, und ein Training der Fingerkraft mit vergeblichen Übungen überflüssig macht. Whiteside glaubte auch an ein dem Menschen innewohnendes Rythmusgefühl, ein angeborenes Gefühl für Phrasierung, die sie in der natürlichen Fähigkeit eines Wunderkindes und Jazz-Pianisten beobachtet hatte. (aus: Wikipedia)



Um eine Einführung in den Jazz zu bekommen, empfiehlt Hersch: “Man wähle irgendeinen Song aus, improvisiere auf dessen Basis und sehe wohin das einen führt. Man sollte Jazz zuhören; es handelt sich um eine Sprache, die man sich nicht so einfach wie einen Hut aufsetzen kann.”

Ich persönlich empfehle sein Alone at the Vanguard, eine Palmetto Produktion aus dem Jahre 2011, welches seinen zweiten Durchlauf eines wochenlangen Engagements als Solokünstler am berühmten ‘New York Village Vanguard’ dokumentiert. Die CD ist für zwei ‘Grammy Awards’ nominiert: für das beste Jazz-Instrumental Album und für das beste Jazz-Improvisations-Solo (für seine Interpretation von Monks Werk).

Die großformatige Produktion von “My Coma Dreams,” einem Werk für 11 Instrumente, Schauspieler/Sänger und Animation/Multimedia wurde unmittelbar vom wirklichen Lebensereignis inspiriert. Das Projekt, das Hersch als sein “persönlichstes und wahrscheinlich ambitioniertestes” beschreibt, wurde im Jahre 2011 verwirklicht.

Als wir uns dem Ende der Unterhaltung nähern, gesteht er plötzlich energisch ein:”Nun bin ich auf der Suche nach der nächsten großen Sache! Die letzte (er bezieht sich auf das Koma- Projekt) beinhaltete Theater. Ich hatte vor kurzem eine Idee für ein Musical, aber das ist bisher noch in der Mache. Ich mag Text und würde eine Gelegenheit begrüßen, Text und Musik einzubauen.” Hersch ist ein engagiertes Mitglied der Gay Community und es war ihm immer ein wichtiges Anliegen, die Beschaffung von Spendengeldern durch Benefiz-Veranstaltungen zu unterstützen, wie die AIDS Wohltätigkeitsorganisation Classical Action, die von IMG Mitbegründer Charles Hamlen gefördert wird.


In der Zwischenzeit wird die Pianistin Natasha Paremski, die im September 2010 von der ‘Classical Recording Foundation’ [Stiftung klassischer Musikaufnahmen] als junge Künstlerin des Jahres ausgezeichnet wurde, seine Improvisation on a theme by Tchaikovsky spielen, eine Auftragsarbeit der Gilmore Foundation, die sie als Gewinnerin des renommierten Gilmore Preise auswählen konnte. Sie wird es beim 2012 Gilmore Festival spielen.

Fred Hersch wird am 7. -12. Februar am New Yorker Village Vanguard mit seiner ‘Arbeitsband’, dem ‘Fred Hersch Trio’, dass John Hébert am Bass und Schlagzeuger Eric McPherson miteinschließt, aufreten.

Er wird auch als Solist am 18. März beim New Yorker Jazz Standard spielen.

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